Ulf Kämpfer

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Corona in Kiel – Weitere Schritte in eine neue Normalität sind möglich

Seit meinem letzten Update sind zwei Wochen vergangen – seither ist eine Menge passiert.

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In Schleswig-Holstein und Kiel hat sich das Infektionsgeschehen weiter entspannt. In vielen Gegenden Schleswig-Holsteins (z.B. Dithmarschen, Flensburg, Kreis Schleswig-Flensburg, Lübeck, Ostholstein) gibt es nur noch einige wenige aktuell Infizierte und nur noch sporadisch neue Infektionen.

Auch in Kiel geht der Trend klar in die richtige Richtung: Nach einem Infektionsherd am Städtischen Krankenhaus um den 20. April (und 24 Neuinfektionen in drei Tagen) sind wir wieder in der Spur: Durchschnittlich weniger als zwei neue Infektionen täglich in der letzten Woche – vor fünf Wochen standen wir noch bei durchschnittlich über zehn Neuinfektionen täglich! 75 aktiv Infizierte gibt es noch in Kiel (von insgesamt 266), 16 davon werden im Krankenhaus behandelt, neun Patienten sind bisher gestorben, 320 Kieler*innen befinden sich in Quarantäne.

Wenn auch die Tendenzen in ganz Deutschland ähnlich sind: Die Zahl der Infektionen, Intensivpatienten und Todesfälle weist ein deutliches Nord-Süd-Gefälle auf, die nord- und ostdeutschen Länder haben zum Teil nur einen Bruchteil der Infektionen, mit denen Bayern, Baden-Württemberg und NRW zu kämpfen haben.

Das spricht aus meiner Sicht dafür, sich von der bisher verfolgten Strategie möglichst bundesweit einheitlicher Beschränkungen zu verabschieden und regional angepasste Konzepte zu verfolgen – das ist schon aus Gründen der Verhältnismäßigkeit geboten, hat aber auch den Vorteil, dass wir von den jeweiligen regionalen Erfahrungen lernen können, was gut und was weniger gut funktioniert.

Auch die Gerichte schauen mittlerweile genauer hin und erklären immer öfter Beschränkungen für rechtswidrig – ein klares Zeichen, dass die Zeit pauschaler Verbote und deren umstandsloser Verlängerung vorbei ist und wir angesichts der nach wie vor gravierenden Beschränkungen in Bildung, Wirtschaft und Alltag noch genauer prüfen müssen, welche Verbote wirklich zwingend notwendig sind.

Die Diskussion um die richtige Strategie für eine Rückkehr in eine „neue Normalität“ wird und muss weitergehen. Viele mit den Lockerungen verbundenen Befürchtungen haben sich bislang allerdings nicht bestätigt: Weder gab es nach Ostern einen Anstieg der Neuinfektionen noch sind die Einkaufsstraßen und Geschäfte nach der Wiedereröffnung überrannt worden. Und: In Kiel können wir nach sechs Wochen Notbetreuung keine einzige Neuinfektion auf eine Ansteckung in Kitas und Schulen zurückführen.

Auch die weiteren Rahmenbedingungen sind gut: Die Krankenhäuser und Intensivstationen sind leer, die Testkapazitäten in Kiel sind bei weitem nicht ausgelastet, was breiteres Testen z.B. bei allen neuen Krankenhauspatienten ermöglicht. Und die seit Mittwoch geltende Pflicht zum Tragen von Mund-Nasen-Schutz hemmt nicht nur die Verbreitung von Viren, sondern erinnert uns alle daran, dass wir im Alltag achtsam und diszipliniert bleiben müssen, um die Pandemie weiter unter Kontrolle zu halten.

Dabei sollten wir uns an folgenden Kriterien orientieren, die die vier wichtigsten deutschen Forschungsverbünde in ihrem gemeinsamen Strategiepapier formuliert haben (Link unten):

  1. Die Reproduktionszahl unter 1 halten
  2. Die Fallzahlen so weit senken, dass die verbleibenden Fälle zurückverfolgt und kontrolliert werden und wir schrittweise zu einem normalen gesellschaftlichen Leben zurückkehren können.

Das dürfte in Schleswig-Holstein spätestens dann der Fall sein, wenn die Zahl der durchschnittlichen täglichen Neuinfektionen unter 10 sinkt. In der letzten Woche lag sie bei rd. 15 neuen Fällen pro Tag.

Bei aller Vorsicht gibt es jedenfalls Grund für Zuversicht und Spielraum für Lockerungen:

All diese Lockerungen gehen allerdings mit Einschränkungen und Auflagen einher. Von der Normalität bleiben wir überall weit entfernt.

Das gilt besonders für die Kitas und Schulen, was eine riesige Belastung für Eltern und Kinder ist. Für die Schulen gibt es nun ein 4-Phasen-Modell, das aber viele Fragen offenlässt, aber deutlich macht, dass für die wenigsten Schüler*innen bis August ein regulärer Schulunterricht stattfinden wird – und ob er nach den Sommerferien möglich ist, steht in den Sternen.

Genauso prekär ist die Lage in vielen Wirtschaftsbereichen der Stadt: 20 Prozent der Beschäftigten sind in Kurzarbeit, die Arbeitslosigkeit wird weiter stark ansteigen. Viele Menschen und Betriebe wissen nicht, wie es weitergeht und bangen um ihre wirtschaftliche Existenz.

Deshalb dürfen wir nicht einfach die bestehenden Beschränkungen fortschreiben, sondern müssen kluge Eindämmungsstrategien mit schrittweisen Aufhebungen der Beschränkungen kombinieren. Von den Beratungen von Bund und Ländern am 6. Mai und der Umsetzung in Schleswig-Holstein erwarte ich deshalb:

Wie beurteilt Ihr die Lage? Geht es zu schnell oder zu langsam mit den Lockerungen? Halten sich noch (fast) alle an die Regeln, und werden wir nachlässig?

Bleibt gesund und passt auf Euch auf!

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