1. Die Stickoxidwerte am Theodor-Heuss-Ring sinken deutlich
Von Januar bis Juni 2019 lagen die Stickoxidwerte am THR um mehr als 14 Mikrogramm niedriger als im Vorjahreszeitraum, realistisch ist ein Jahresmittelwert 2019 von knapp unter 50 Mikrogramm – immer noch zu hoch, aber deutlich unter dem langjährigen Mittel von rund 65 Mikrogramm. Ab 2020 soll der Grenzwert von 40 Mikrogramm dauerhaft eingehalten werden.
2. Ist der Kieler Oberbürgermeister verrückt geworden?
Nein, ist er nicht. Aber der ein oder andere hat das vielleicht gedacht, als in einem Kieler Nachrichten-Artikel stand, der Oberbürgermeister empfehle als Maßnahme zur Verhinderung von Fahrverboten das Auskuppeln und Vorbeirollen an der Messtation und mache das selbst auch so. Der flapsig-ironische Charakter meines Zitats geht im Artikel vollkommen verloren (Funfact: Ich habe gar kein Auto).
Die Stadt hat – ganz ernsthaft – auf 11 Seiten haarklein dargelegt, mit welchen Maßnahmen der Grenzwert möglichst schnell wieder eingehalten werden kann. Auskuppeln gehört nicht dazu .
Ernstgemeint ist der Appell, dass jede*r sich Gedanken machen sollte, wie man im Alltag umweltfreundlicher mobil sein kann, z.B. durch den Umstieg auf den öffentlichen Nahverkehr, aufs Fahrrad oder durch Kauf eines möglichst schadstoffarmen Autos.
3. Sperrung einer Fahrspur als Lösung?
Einige schlagen vor, sofort den Theodor-Heuss-Ring im Bereich der Messtation dauerhaft von zwei auf eine Fahrspur zu verringern. Klingt erst einmal elegant, wird aber aus gutem Grund vom Umweltministerium nicht vorgeschlagen.
Die Verengung würde ähnlich wie ein Fahrverbot wirken. Weil der heutige Verkehr von rd. 100.000 KFZ pro Tag bei Einspurigkeit nicht mehr durchpasst, würden sich mehr als 20.000 KFZ einen anderen Weg suchen müssen und klein- wie großräumig Umwege fahren.
Ein Vielfaches an Stau und Schadstoffbelastung wäre die Folge, die Belastung der Anwohner*innen an den Ausweichstrecken und höhere Unfallgefahren inklusive.
Auch unter Klimaschutzaspekten wäre die Sperrung wegen der vielen Umwegverkehre die denkbar schlechteste Lösung. Wir werden dass alles erleben können, wenn ab Frühjahr 2020 wegen der Sanierung des Waldwiesenkreisels der Theodor-Heuss-Ring für ein halbes Jahr unvermeindlich einspurig geführt werden muss.
4. Jobticket und günstigere Tarife für alle gehören zusammen
In unserer Stellungnahme zum Luftreinhalteplan machen wir uns für ein großangelegtes Job-Ticket für Pendler*innen stark, die vom PKW auf Bus oder Bahn umsteigen wollen. Das ist wichtig, um den Theodor-Heuss-Ring gerade während der Rushhour zu entlasten. Unabhängig davon wollen wir aber den öffentlichen Nahverkehr weiter ausbauen und die Tarife der KVG generell, also nicht nur für Beschäftigte, günstiger machen. Diese Themen gehören zusammen und dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden.
5. Umwelthilfe: Meinungsstark und faktenschwach
Von der Deutschen Umwelthilfe wurde gestern der Entwurf des Umweltministeriums für den Luftreinhalteplan gewohnt polemisch kritisiert. Die neue Stellungnahme der Stadt hat man erst gar nicht zur Kenntnis genommen, besonders ärgerlich ist aber die krasse Falschbehauptung, die Busflotte der KVG sei besonders schmutzig unterwegs und man tue auch nichts dafür, die Busse umweltfreundlicher zu machen.
Das Gegenteil ist der Fall: Wir investieren 100 Mio. Euro in Hybrid- und Elektrobusse und einen modernen Betriebshof, ab 2020 werden nur noch vollelektrische Busse angeschafft, ältere Dieselbusse werden mit SCR-Filtern nachgerüstet. Das ist vorbildlich.
6. Hardware-Nachrüstung bleibt die beste Lösung…
…was wir in unser Stellungnahme gleich am Anfang erneut klarstellen. Aber solange die Autokonzerne sich dagegen sträuben und die Bundesregierung zu wenig Druck macht, müssen wir auf kommunaler Ebene nach anderen Lösungen suchen, die den Gesundheitsschutz der Menschen am Theodor-Heuss-Ring sichern.
Links
- kiel.de: Die Stellungnahme der Stadt
- NDR: Ideen gegen Dieselfahrverbote im Gespräch
- Kieler Nachrichten: Jedes Mikrogramm zählt