Ulf Kämpfer

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Corona in Kiel – Wo stehen wir, und wie kriegen wir unseren Alltag zurück?

Seit vier Wochen haben wir nun Beschränkungen des öffentlichen Lebens, seit zwei Wochen einen regelrechten „Shutdown“.

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Seit vier Wochen haben wir nun Beschränkungen des öffentlichen Lebens, seit zwei Wochen einen regelrechten „Shutdown“.

Unternehmen bangen um ihre Existenz, Kranke und Ältere dürfen nicht besucht werden, das öffentliche Leben ist fast ganz zum Erliegen gekommen. Für uns alle ist es unbequem, für viele richtig hart.

Wie ist die Lage in Kiel, und mit welcher Strategie können wir uns unseren Alltag zurückerobern?

Stand heute haben wir in Kiel insgesamt bislang 160 Infizierte. Abzüglich der bereits Genesenen sind es noch 116 Erkrankte. 18 Kieler*innen werden derzeit im Krankenhaus behandelt, ein Patient ist bislang gestorben, 394 Menschen befinden sich in Quarantäne. Von 100.000 Kieler*innen sind 65 infiziert, damit liegen wir leicht über dem SH-Durchschnitt (55) und deutlich unter dem Durchschnitt in Deutschland (110).

Mit diesen Zahlen kommt unser Gesundheitssystem noch gut klar. Wie sorgen wir dafür, dass das so bleibt?

Interessant ist die Entwicklung der letzten zwei Wochen: Zwar steigt die Zahl der Infizierten noch immer stetig an, aber die Dynamik lässt nach: in der letzten Woche stieg die Zahl von 100 auf 160, in der Woche davon von 39 auf 100, die Zuwächse in absoluten Zahlen sind also fast identisch. Optimistischer stimmen die prozentualen Zuwachsraten: Lag die durchschnittliche tägliche Zuwachsrate in der vorletzten Woche noch bei 14,2 %, hat sie sich in der letzten Woche mit ca. 7 % mehr als halbiert! Die Hoffnung ist, dass wir in den nächsten zwei Wochen mindestens eine weitere Halbierung hinbekommen auf ca. 3 % oder niedriger.

Wenn (WENN!) wir das schaffen, dann könnten wir ab dem 20. April oder spätestens ab Anfang Mai die derzeitigen Beschränkungen nach und nach abbauen, immer vorausgesetzt, dass bei dann möglicherweise wieder steigenden Infektionszahlen die Überlastung der Krankenhäuser sicher verhindert wird.

Um zu entscheiden, was gelockert werden kann und was beschränkt bleiben muss, hilft das juristische Prinzip der Verhältnismäßigkeit: Welche Beschränkungen sind wirklich erforderlich oder könnten auch durch „mildere Mittel“ abgelöst werden? Welche Beschränkungen sind nicht mehr angemessen, weil Kosten und Nutzen in keinem vernünftigen Verhältnis (mehr) stehen?
Beschränkungen der Lebensqualität und der Wirtschaft, die besonders gravierend sind, die aber für die Infektionsverhinderung weniger bedeutsam sind, sollten zuerst aufgehoben werden, Dinge mit hohem Infektionsrisiko und nicht zentraler Bedeutung für unseren Alltag (z.B. Freizeitveranstaltungen mit tausenden Menschen auf engem Raum) müssen noch länger untersagt bleiben. Dazwischen gibt es viele Zweifelsfälle, über die wir in den nächsten Wochen intensiv diskutieren müssen.

Aus meiner Sicht bedeutet das: Spielplätze, Strände und Parks, Sportboothäfen, Cafes, Restaurants und Geschäfte könnten relativ bald wieder geöffnet werden, wenn durch gesicherten Abstand und Hygiene das Ansteckungsrisiko in Schach gehalten wird.

Wichtig wäre, Kitas und Schulen schnell (ggf. schrittweise) wieder zu öffnen, weil Betreuung und Bildung gerade für Kinder aus benachteiligten Familien besonders wichtig sind und die Eltern dann wieder zur Arbeit gehen könnten – unter welchen Bedingungen das zu verantworten ist, ist sicher eine der schwierigsten Fragen, für die wir guten Rat der Expert*innen brauchen. Dasselbe gilt für die Aufhebung des strengen Kontaktverbotes, das einerseits eine der stärksten Freiheitsbeschränkungen und andererseits eine der wichtigsten Eindämmungsmaßnahmen ist.

Schwierig ist es auch bei Konzerten, Kino, Theater, Sportevents: Für die Veranstalter ist es natürlich eine existenzielle Notlage, wenn diese Aktivitäten noch länger untersagt bleiben, aber die Ansteckungsgefahr ist erheblich und die Einbußen an Lebensqualität vergleichsweise gering. Hier wird gelten müssen: Better safe than sorry – verbunden mit finanziellen Rettungsschirmen.

In der Summe wird die allmähliche Rückkehr des Alltags gewiss die Ansteckungsgefahren erhöhen. Deshalb wird es notwendig sein, an anderer Stelle mehr zu tun oder besser zu werden.

Es braucht einen Strauß weiterer Maßnahmen, die unseren Alltag nicht so stark beeinträchtigen, aber mithelfen, schweren Erkrankungen und Todesfälle niedrig zu halten:

All das macht deutlich:

Es besteht Grund zu vorsichtigem Optimismus; wie schnell wir Beschränkungen aufheben können, hängt von vielen unsicheren Faktoren ab, besonders aber von unserer Bereitschaft, weiter unseren individuellen Beitrag zur Eindämmung der Infektionen zu leisten.

Es gibt nicht den einen, glasklaren Weg aus der Krise. Expertenrat ist wichtig, aber in den nächsten Wochen müssen wir als Gesellschaft auch eine politische Diskussion führen, welches der beste Weg ist. Dieser Post ist mein kleiner Beitrag dazu.

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